Stell dir vor, du öffnest die Tür und vor dir steht dein Tod, der dir sagt, dass du sterben wirst – eine absurde Vorstellung. Genau das passiert dem Protagonisten in Thees Uhlmanns Debütroman "Sophia, der Tod und ich". Thees Uhlmann, bekannt geworden als Frontmann der deutschen Band Tomte, ist nicht der einzige Sänger, der 2015 in andere Gefilde eintauchte: Jochen Distelmeyer und Morrissey haben es versucht und sind laut der Kritiker gescheitert. "Sophia, der Tod und ich" allerdings verzaubert seine Leser. Uhlmann schafft es seinen wunderbaren Songschreibstil, dem wir so schöne Songzeilen wie "Die Schönheit der Chance / Dass wir unser Leben lieben so spät es auch ist / Das ist nicht die Sonne die untergeht / sondern die Erde die sich dreht" verdanken, auf die Romanform zu übertragen. Vielleicht ist das der Grund, warum das Buch auch in der Spiegel-Bestsellerliste wiederzufinden war.

Roadtrip mit dem Tod

"Ich bin der Tod und Sie müssen jetzt mitkommen." Mit dieser Aussage sieht sich der namenslose Protagonist des Romans konfrontiert, als er widerwillig die Tür öffnet, da es plötzlich und unverhofft geklingelt hatte. Normalerweise bekommt er nie spontan Besuch, denn "kein Mensch über 38 kommt einfach so überraschend vorbei". Da steht er also, sein Tod und sagt ihm, dass er noch drei Minuten zu leben habe. Was tut man also in diesen letzten drei Minuten seines Lebens? Doch ehe sich der Anti-Held versieht, klingelt es erneut an der Tür. Seine Ex-Freundin Sophia steht vor der Tür – so war das nicht geplant, denn niemand stört den Tod, wenn er Leute gerade auf die andere Seite bringt.
Thees Uhlmann - Sophia, der Tod und ich
Verlag: Kiepenheuer & Witsch
Erschienen: Oktober 2015
Genre: Roman
ISBN: 978-3-462-04739-6
Bindung: Gebunden
Preis: 18,99 €

"Sophia, darf ich vorstellen, das ist der Tod, oder besser gesagt, das ist mein Tod. Wollte mich eigentlich heute holen, aber dann hast du geklingelt, und deswegen hat das nicht geklappt. Tod, das ist Sophia, meine Ex-Freundin."
So beginnt ein aberwitziger Roadtrip, der den fußballbegeisterten Erzähler erst zu seiner Mutter führt und anschließend zu seinem Sohn, den er seit Jahren nicht mehr gesehen hat, dem er aber täglich eine Postkarte gemalt hat. Alles natürlich in Begleitung des Tods – seinem Tod, der bei seinem längeren Besuch auf der Erde nicht nur das Fluchen lernt, sondern auch zum Schwiegermutterliebling avanciert.
Und wäre das alles nicht kurios genug, taucht plötzlich ein weiterer Tod auf, der dem ersten Tod seinen Job streitig macht und das Sterbe-Monopol an sich reißen will.

Synthese zwischen Autor und Protagonist

Das Buch regt zu Fragen an, nicht nur zum Thema Tod und Leben, sondern auch zum Protagonisten. Denn Thees Uhlmann-Kenner werden feststellen, dass es zwischen der Hauptfigur und dem Autoren zahlreiche Parallelen gibt: Schließlich sieht auch Uhlmann aus "wie eine Mischung aus Brat Pitt, Hape Kerkeling und einem unterklassigen Fußballspieler", kommt aus einem kleinen Dorf im Norden Deutschlands und hat vor seiner Karriere ebenfalls als Altenpfleger gearbeitet. Der Autor beantwortete diese Frage allerdings in einem Interview: "Selbst wenn mein Protagonist im Buch Altenpfleger ist und ich das auch mal war. Das hat mir nur geholfen, eine Biografie zu bauen, die ich mir selbst glauben konnte."

Der schmale Grat eines ernsten Themas

Der Tod ist kein leichtes Thema, umso schwieriger wird es, wenn sich auf humoristische Weise daran herangetastet wird. Was sich nicht abstreiten lässt, ist, dass Thees Uhlmann es schafft eine solch schwere Kost leicht bekömmlich darzustellen und in Formulierungen zu kleiden, die einen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Trotz des andauernden Lächelns, das einen beim Lesen des Romans nicht verlässt, wirkt das Buch keinesfalls oberflächlich oder wird dem Thema nicht gerecht – im Gegenteil. Thees Uhlmann beschreibt einfühlsam und traurig-schön, wie schwer der Abschied von geliebten Personen fällt und zeigt, dass der Tod nicht immer ein schwarzes Loch sein muss.
Übrigens: Wem die rund 300 Seiten zu viel sind, ist das passende Hörspiel zu empfehlen, dass Thees Uhlmann selbst eingelesen hat.



Artikel drucken