Auf dem Cover beweist "Die Chefin" Humor: Es zeigt eine Schildkröte auf Rädern, die einen Helm auf dem Kopf und eine Rakete auf dem Rücken trägt. Ein eindeutiges Zeichen für ungewollte Immobilität. Da der Inhalt des Buches von einer Rockmusikerin im Rollstuhl handelt, ist die Anspielung offensichtlich offensichtlich und dennoch sympathisch. Das lässt sich vom restlichen Roman "Die Chefin" von Komikerin Gaby Köster leider nicht sagen. Den anfänglichen Cover-Bonus verspielt das Buch nach nur wenigen Seiten. Der Humor bleibt platt, charmant ist er nie.

Rocksängerin mit Schlaganfall

Im Mittelpunkt des Romans steht die titelgebende Chefin. Marie Sanders, ehemalige Rocksängerin und von allen nur die "Chefin" genannt, ist nach einem Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt. Während sie in ihrer Wohnung ihrem vergangenen Leben nachtrauert, beobachtet sie zusammen mit ihrem türkischen Nachbar Tarkan einen Einbruch. Die jungen Diebe sind nur Handlanger. Schnell freunden sich Marie und Tarkan mit den beiden Roma-Kindern Jordan und Sorina an. Auf der Suche nach den Eltern der Kinder begeben sich die Vier auf eine Roadtrip, der sie nach Osteuropa führt.

Autorin Gaby Köster verarbeitet wie schon in ihrer Autobiographie "Ein Schnupfen hätte auch gereicht – Meine zweite Chance" ihren eigenen Schlaganfall, den sie 2008 erlitt. In "Die Chefin", dem ersten Roman von Köster, nimmt Hauptfigur Marie die Rolle des Alter Egos ein. Die fiktive Rocksängerin und die reale Komikerin sind sich dementsprechend ähnlich. Das fängt bei der Lähmung an (beide können ihre linke Körperhälfte nur schwer bewegen) und hört beim derben Humor auf.

Roman ohne Handlung, Witze ohne Humor

Die Geschichte des Romans um den Einbruch und das Schicksal der Roma-Kinder Jordan und Sorina
Gaby Köster – Die Chefin

Verlag: Pendo
Erschienen: März 2015
Genre: Unterhaltungsliteratur
ISBN: 978-3866123724
Bindung: Gebunden
Preis: 19,99€
entpuppt sich als Staffage. Im Kern besteht "Die Chefin" aus aneinandergereihten, humoristischen Szenen. Dementsprechend liest sich das Buch wie ein langatmiges Bühnenstück von Gaby Köster. Wer auf ihren frechen und direkten Humor steht, könnte stellenweise lachen. Der kölsche Charme und das für Köster typische Augenzwinkern fehlen den schriftlichen Witzen aber. Der Roadtrip kommt einfach nicht in Fahrt.

Logikfehler in der oberflächlichen Geschichte und eindimensionale Charaktere: "Die Chefin" leidet unter der Unerfahrenheit ihrer Autorin. Hinzukommt, dass ihr der Wechsel von (TV-)Bühne auf Buch misslingt. Laut und unverschämt ist nicht zwangsweise eine gute Kombination für einen Roman. Selbst Freunde von Kösters Humor dürften nur schwerlich über ihre platten und überzogen kessen Sprüche lachen. Somit bleibt das Cover das einzig gelungene humorvolle Trostpflaster für "Die Chefin".

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