Ungewöhnliche Kombinationen sind bei der lit.Cologne an der Tagesordnung. Am Sonntag, den 20. März, musste ein besonderes Vorlesergespann gleich zweimal ran. Kafkas Verwandlung, gelesen von Bastian Pastewka und Dietmar Bär, erwies sich schon im Kartenvorverkauf als Publikumsmagnet. Innerhalb der ersten zwölf Stunden war die Abendvorstellung ausverkauft. Aufgrund der großen Nachfrage fand am Mittag zuvor eine Zusatzveranstaltung im Theater am Tanzbrunnen statt.

Fast schon gespielt

Was haben der Comedian Pastewka und der Kölner Tatort-Kommissar Bär wohl gemeinsam – neben ihrer Popularität? Zunächst einmal nicht viel, wäre da nicht die geteilte Faszination für die Werke Franz Kafkas. Dass die Beiden Die Verwandlung auch privat schätzen, bleibt dem Publikum beim Zuhören nicht verborgen. Zwar sitzen die Männer auf der Bühne lässig in zwei gemütlichen Polstersesseln, wie man sie sonst nur vor Großvaters Kamin stehen sieht. Trotzdem spielen sie die Geschichte schon nahezu und lesen sie nicht einfach nur vor. Beide glänzen in ihren Rollen.

Pastewka konzentriert sich ganz auf den Hauptakteur Gregor Samsa, der eines Morgens als Käfer aufwacht. Mit angemessenem Einsatz von Mimik und Gestik liest er die Textstellen, in denen es um Samsas Gedanken und Handlungen geht. Die Gefühlswelt des Verwandelten wird in Pastewkas Vortragsweise hör- und sehbar. Auch wenn man als Comedian schnell den Ruf hat, nicht ernst sein zu können, wird der ironische Unterton nur an genau den richtigen Stellen eingesetzt. Nichts wird ins Lächerliche gezogen. Ganz im Gegenteil: Das gelegentliche Schmunzeln des Publikums rührt eher von der unverblümten Erzählweise Kafkas her.

Der Vater, die Schwester und alle anderen Personen im Buch werden von Dietmar Bär gelesen und verkörpert. Zurückgelehnt sitzt der Schauspieler im Sessel, ohne zu gestikulieren wie Pastewka. Trotzdem bringt er die Emotionen der verschiedenen Charaktere alleine mit seiner Stimme glaubhaft herüber. Bemerkenswert ist vor allem die weinerliche Stimme der verzweifelten Mutter. Genau so stellt man sich das vor.

Wie aus einem Munde

Interessant ist das Zusammenwirken der beiden Vorleser. Pastewka und Bär wechseln sich teilweise mitten im Satz ab, ohne zu stocken, so als hätte ihn eine einzige Person gesagt. In den kurzen Trinkpausen werfen sie sich viel sagende Blicke zu, die das Publikum jedes Mal zum Lachen bringen. Ein eingespieltes Team, das zu unterhalten versteht. Der Auftritt wirkt von vorne bis hinten harmonisch, aber keineswegs durchchoreografiert. Das wird am Ende mit verdientem Applaus honoriert. Bär und Pastewka sind vielleicht ein ungleiches Duo, aber gerade deshalb ergänzen sie sich beim Vorlesen sehr gut. So machen sie das Buch selbst den Leuten, die Kafkas Verwandlung schon in der Schule allzu ausführlich behandelt haben, wieder schmackhaft.

Artikel drucken