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Das Interesse am Theater und insbesondere am Theatermachen scheint auch zu Zeiten sinkender Subventionen ungebrochen. Umso erfreulicher also, dass seit letztem Jahr ein neues, kompaktes Stück Theorie vom UTB-Verlag an den Mann gebracht wird. Erika Fischer-Lichte ist Professorin der Theaterwissenschaft an der Freien Universität Berlin und hat bereits mehrere Bücher zu Geschichte, Ästhetik und Theorie des Theaters verfasst. Zweifellos stellt sie zu diesem Zeitpunkt eine nicht zu ignorierende Größe auf den vorgenannten Gebieten dar. Nun soll es jedoch um ihre unlängst erschienene Publikation mit dem schlichten, umfassend klingenden und daher besonders reizvollen Titel „Theaterwissenschaft gehen. Völlig unbedarft und frei von jeglichem Vorwissen bildet der mit Anhang 273 Seiten umfassende Band tatsächlich eine Chance sich ein grundlegendes Verständnis des Faches selbst zu bilden. Dies sei gerade deshalb betont, da bekanntlich nur allzu häufig das Missverständnis vorliegt, es handele sich bei dem Studium der Theaterwissenschaften um ein Anwendungsstudium praktischer Art. Der Aufbau: Didaktisch durchdacht und vorwärtstreibend Fischer-Lichte selbst erklärt die Struktur des Textes bereits im Vorwort mit einem Sinn fürs Pragmatische: Während die ersten beiden Teile sich an Bachelor-Studenten wenden und mit Kapiteln wie „Theaterbegriffe“, „Überlegungen zum Aufführungsbegriff“ oder „Aufführungsanalyse“ beschäftigen, soll der letzte Teil ein tiefergehendes Verständnis schaffen, das sich vorrangig an Master-Studierende richtet. Hier werden Querverweise und Korrelationen auch zu anderen Disziplinen wie Literatur-/Film-/ oder Kunstwissenschaften gezogen. Jedes Kapitel ist mit einer Einleitung versehen, die einen kurzen Überblick über die zu behandelnde Thematik gibt und so auch einen schnellen Einstieg für den Querleser bietet. Obgleich, wie so oft, die vollständige und traditionelle Lektüre des Buches an dieser Stelle empfohlen werden kann, hat Fischer-Lichte ihre Kapitel so konzipiert, dass man mithilfe kurzer, textimmanenter Wiederholungen von zuvor in Ausführlichkeit besprochenen Begrifflichkeiten auch als letztgenannter Schmökernder zurechtkommt. Beispielsweise die Unterscheidung des „semiotischen“ und des „leiblichen Körpers“ wird häufig auf einprägsame, doch keinesfalls lästige Art neu dargestellt. Das chronologische Verfahren bietet sich nichtsdestotrotz aufgrund des didaktisch hervorragend konzipierten Aufbaus an. So schaffen ein Einblick in die Geschichte und die Klärung grundlegendster Theorien der Theaterwissenschaft ein wesentlich gehaltvolleres Verständnis für darauf aufbauende Hinweise beispielsweise zur Aufführungsanalyse. Zudem reizt den Interessierten das Vorarbeiten zu den mehr und mehr in die Tiefe gehenden Kapiteln in Form gespannter Vorfreude. Erika Fischer-Lichte - Theaterwissenschaft Verlag: UTB Erschienen: Dezember 2009 Genre: Lernhilfe ISBN: 978-3-8252-3103-3 Bindung: Broschiert Preis: 19,90€ Direkt bestellen Die Angst vor der wissenschaftlichen Schreibe Natürlich gibt es niemand zu. Aber letztlich wünschen wir uns doch alle leicht verständliche Texte, die uns komplexe Inhalte auf angenehme Weise vermitteln, sich schnell einprägen und vielleicht - ganz vielleicht - sogar Spaß machen zu lesen. Selbst UTB-Bücher schaffen es nicht immer diesem heimlichen Anspruch zu genügen. Theaterwissenschaft jedoch ist nicht nur informativ, sondern auch in einem so angenehmen Stil verfasst, dass die Wissenschaft nahezu zur Unterhaltung wird. Ungewohnt selten tauchen abstrakte, unhandliche, aber leider auch unvermeidliche Begriffe wie „Performanz“ oder „Liminalität“ auf, die anschaulich erklärt sind und so mit ihrem inhaltlichen auch ein Verständnis für ihre linguistische Ästhetik ermöglichen. Denn, auch das lässt sich nicht leugnen, eigentlich lieben Studenten ja unaussprechliche Fremdwörter ebenso, wie sie sie hassen. Um Fischer-Lichtes Buch zu verstehen, muss man sich also nicht in einem von Umgebungsgeräuschen und Ablenkung jeglicher Art abgeschotteten Raum verbarrikadieren. Ungeachtet des an dieser Stelle keinesfalls herunter zu würdigenden Gehalts desselben, kann man es sich auch getrost in der Pause zwischen zwei Vorlesungen oder während einer Zugfahrt zu Gemüte führen. Unabhängig vom Inhalt des Buches ist es allerdings unumgänglich auch einige Worte über die grafische Aufbereitung zu verlieren. Die Qualität dieses Titels leidet stark darunter, dass man von der ersten bis zur letzten Seite von informationsprallem Blocksatz erschlagen wird. Nur äußerst wenige Grafiken und Bilder lockern dieses Layout auf. Auch auf Stichworte am Rand des Textes, wie man sie sonst häufig in Lernhilfen und Sekundärliteratur findet, hat Fischer-Lichte leider verzichtet. Tacheles. Ist das Buch sein Geld wert? Was könnte ein Fazit sagen, was der Blick auf die Sterne-Wertung nicht schon verrät? Obgleich man aufgrund des strengen, nicht abwechslungsreichen Durchblätter-Eindrucks abgeschreckt werden könnte, sind die knapp 20 Euro für diesen Einführungsband gut investiert. Gerade als angehender Bachelor-Student der Theaterwissenschaften, oder auch der Literaturwissenschaften, ja, vermutlich sogar als Jura-Student, der gern ins Theater geht, lohnt sich die Anschaffung oder zumindest die Ausleihe des Titels zweifelsohne. Die Lektüre vermittelt einen umfassenden Einblick in Arbeitsweisen, Methoden und Inhalte des Fachs und eignet sich zudem beinahe als interessante Bettlektüre. Eine entsprechende Neigung natürlich vorausgesetzt. Bleibt zu hoffen, dass die verbliebenen Theater lang genug bestehen, als dass das angelernte Wissen unter Umständen auch in ein paar Jahren noch angewandt werden kann.
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