Der Kulturverein Awazeh lud zu dem außergewöhnlichen Konzert „Rumi und die musikalische Poesie“ in das Rheinische LVR-Landesmuseum. Zehn auftretende Künstler setzten mittelalterliche Schriften des berühmtesten persischen Mystikers Rumi musikalisch um. Der Dichter Dschalal al-Din ar-Rumi (1207-1273) betrachtet in seiner Poesie und seinen Vorträgen die Lehre von der Liebe als die Hauptkraft des Universums. Wie etwa die bedeutende deutschsprachige Mystikerin Mechthild von Magdeburg (1207-1282) auch, bezeichnet Rumi in seiner Poesie Gott als den Geliebten und die menschliche, auf der Suche nach Gott getriebene Seele als den Liebenden. Mit Sprachgewandtheit wird die Freude beschrieben, Gott näherzukommen oder die Trauer, von Gott getrennt zu sein. Sein mystisches Werk wurde am 8. September in einem mehrteiligen Rahmenprogramm mit beeindruckenden Instrumenten und Künstlern in vielen Facetten gewürdigt.

Ah! Liebe - In Harmonie mit sich selbst und dem Universum

Zu der Veranstaltung, die in persischer Sprache mit deutscher Übersetzung erfolgte, kamen viele überwiegend westlich gekleidete Iraner. Für viele Iraner, die emigrieren mussten, ist der Mensch Rumi wahrscheinlich eine wichtige Identifikationsfigur. Nach einem einleitenden Vortrag zu „Rumi und die Musik“ von Mahmoud Khoshnam in persischer Sprache tritt die bekannte iranische Sängerin Zohreh Jooya auf, die mit ihrer ergreifenden Performance bei den Songs „Unsere Seele“ und „Über die Liebe“ das Publikum leidenschaftlich mit ganz unterschiedlichen stimmlichen Farbnuancen anrührt. Als Jooya die Zuhörer zum Mitsingen auffordert, stimmen viele persischsprachige Konzertbesucher in den Refrain mit ein. Im letzten Beitrag vor der Pause übersingt Hossein Baharbin bei „Werde verrückt“ mit seinem klaren, kräftigen Stimmorgan eine dichte und spannungsreiche Instrumentierung. „Werde verrückt“ ist ein mitreißender Höhepunkt des stimmungsvollen Konzertabends und wird später als Zugabe erneut gewünscht und dargeboten.

Rumi und die musikalische Poesie meets Popkultur - überflüssig

Sehr befremdend ist es jedoch, dass nach der Pause unter dem Etikett „Rumi und Popkultur“ eine Aufnahme Madonnas von CD eingespielt wird. Während „Bittersweet“ erklingt, wird ein Foto von Madonna im überschwänglichen Gestus in ihrer Filmrolle als Evita Perón auf die Bühne projiziert. Diesen kitschigen und nichtssagenden Veranstaltungspunkt hätten sich die Veranstalter getrost sparen können. Auch bei den anderen live gespielten Songs stören die groß eingeblendeten Bilder im Bühnenhintergrund. Denn wenn sich die Künstler im Lichtstrahl der Bilder befinden, zeichnen sich die Abbildungen nebst Desktopsymbolen unschön in ihren Gesichtern ab. Neben den Bildeinblendungen minderten jedoch besonders auch die zu kalte Belüftung der Klimaanlage und fortwährende Auslösegeräusche von Kameras den Hörgenuss. Trotzdem entschädigt die ergreifende, gut aufeinander abgestimmte Live-Musik für die optimierbaren Rahmenbedingungen.

Ich bin berauscht und Du bist verrückt

Duette von Zohreh Jooya und Daud Khan Sadozai sind in der zweiten Hälfte ein besonderes Highlight. Auch die Tar & Robab-Improvisation, bei der unterschiedliche Instrumente der musikalischen Besetzung hervortreten, ist ungewöhnlich und effektvoll. Bei dieser Improvisation bringt Johanna Stein den Resonanzkörper ihres Cellos und Aref Ebrahimpour den Korpus seines iranischen Streichinstruments Kamancheh facettenreich zum erklingen. Weitere persische und arabische Instrumente, die an dem Abend in ihren Klangfarben und -nuancen eindrucksvoll hervortreten sind die Langhalslaute Tar von Farzin Darafibar, der Santur von Bamdad Esmaili und die Rahmentrommel Daf von Ahmad Anoushah. Anders als zunächst angekündigt, ging die Veranstaltung nach der Pause noch bis 23 Uhr. Durch die, in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Iranischen Theaterforum realisierte eindrucksvolle Veranstaltung führte die Moderatorin Awazeh Khoshnam. Bei einer zweiten Zugabe überrascht Zohreh Jooya noch mit einem orientalischen Tanz. In einer Zeit, in der man den Islam oft mit Gewalt verbindet, ist es schön zu sehen, dass dem Islam auch sehr friedliche und harmonische Traditionen innewohnen.

Artikel drucken