Kammerchor Consono
   
 

Stahlquartett Dresden
   
 

   
Am Freitag, den 6. Juli, findet das Festival „Romanischer Sommer“ mit der „Romanischen Nacht“ seinen Höhepunkt. In Kölns größter romanischer Basilika, St. Maria im Kapitol, wird von 20 Uhr an bis tief in die Nacht musikalischer Facettenreichtum geboten. Allen Stücken gemein ist der Bezug auf das Thema des Festivals: Frage - Geheimnis - Fragment. Im Wechselspiel von Licht und Schatten wird die imposante Architektur der Kirchenräume in warmen Farben beleuchtet. Auch die Kompositionen werden in rätselhaften Klangfarben von prominenten Künstlern wie Fragmente oder Bruchstücke interpretiert. Feiern viele Bürger am nahe gelegenen Heumarkt noch vergleichsweise profan mit rhythmischen Trommelschlägen den Cologne Pride, beeindrucken in der Basilika leise und geheimnisvoll kaleidoskopische Klänge.

Spurensuchen in verheißungsvollen Kompositionen

Auf einem markanten Streichinstrument stimmt der Flame Didier Francois virtuos in den Abend ein. Seine Nyckelharpa gibt es laut Überlieferungen schon seit dem frühen Mittelalter. Sie kombiniert in ihrer Bauform die Fiedel und die Drehleier. Ruhig und konzentriert entlockt Francois seinem Instrument charakteristische Resonanzschwingungen und ungewöhnliche Melodien. Danach verbindet das Ensemble Mala Punica (Lat. für Granatapfel) geistliche und weltliche italienische Musik des späten Mittelalters unter dem viel versprechenden Titel „Whispering Fragments“. Das Vokal- und Instrumental-Ensemble widmet sich polyphoner Musik von in Vergessenheit geratenen Komponisten der Ars Nova des 14. Jahrhunderts. Die Vokalpolyphonie mutet archaisch und klanglich oft gleichbleibend eingängig an, bevor die Vortragenden ihre gesangliche Modulation ausdrucksvoll steigern.

Schreie und klingendes Metall

Auf die mittelalterlichen Kompositionen folgt Neue Musik des 20. Jahrhunderts von Robert HP Platz und Helmut Lachenmann. Gekonnt werden diese, sich mit virtuoser Varianz nuanciert steigernden Kompositionen von den vier Streichern des Arditti Quartetts interpretiert. Helmut Lachenmanns Streichquartett Nr. 3 „Schrei“ kommt in der Romanischen Nacht zur gefeierten Uraufführung. Danach trägt der Kammerchor Consono mit großem gesanglichen Aufgebot traditionelle Musiken von Brahms und Frank Martin vor. Gegen 23:15 bringt das Stahlquartett Dresden Metallskulpturen zum erklingen. Auf der Rückseite großer Stahlbleche befinden sich an gekrümmten Stegen jeweils dreizehn Stäbe, die von den Mitstreitern des Quartetts gemächlich in Schwingungen versetzt werden. Die vier ausgebildeten klassischen Musiker bespielen die Stahlcelli mit Bassbögen. Sie begleiten ihre mal extravaganten und mal meditativen Klänge bei einigen Stücken mit effektvollem Obertongesang.

Lange nachhallende Tonfolgen und Klänge

Melodisch sanft und rhythmisch improvisiert singt schließlich ab Mitternacht die Sopranistin Judith Gauthier ein der biblischen Figur Judith gewidmetes Werk der französischen Komponistin Elisabeth Jacquet de la Guerre. Begleitet wird der opernhafte Gesang Gauthiers bei la Guerres Kantate von 1708 und späteren Kantaten von Bach und Händel vom Ensemble Le Concert Lorrain. Zuletzt und schon zu später Stunde spielt der Organist Bernhard Haas Bachs Zyklus „Die Kunst der Fuge“ auf einer Orgel.

Wie jedes Jahr war die Veranstaltung gut besucht und manchmal mussten Zuhörer sich mit Stehplätzen begnügen. Es entfaltete sich in der romanischen Kirche wieder eine besondere Atmosphäre. Den Zuschauern war es erlaubt, sich auch während des Konzertes in der Kirche leise zu bewegen, was ganz besondere Perspektiven und Raumeindrücke ermöglichte. Oft war es auch erholsam, sich von den harten Kirchenbänken für kurze Augenblicke zu lösen. Auch für das leibliche Wohl war im Kreuzgang wieder bestens gesorgt. Im Wesentlichen fanden die Darbietungen hinter dem Lettner statt, was für die im Mittelschiff sitzenden Besucher alles etwas zu sehr in die Ferne rückte.

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