![]() Foxy Lascar beim Bauchtanz. |
Am 24. September bewiesen das die Pepperellas aus Köln (campus-web hatte sie schon im Interview). Im Just In gaben sie die Manege frei für den "Pepperellas Burlesque Zirkus".
Begrüßen Sie den Zirkus Pepperelli!
Der Zuschauer durfte sich in eine andere Welt versetzt fühlen, wo nicht alles digital-medial vorgekaut, wo Unterhaltung nicht in einem Einheitsrahmen aus charakterlosen Kalauern, plumper Action und billiger Erotik verpackt wird. Er durfte sich gehen lassen, in Nostalgie schwelgen und sich auf einen echten "Drehorgel-Jahrmarkt" träumen. Und er durfte, nein: er sollte für einen Abend einmal völlig frei sein – im Denken wie im Lachen. Der "Zirkus Pepperelli" machte ihm das leicht.
Wer mit Burlesque- oder Zirkusdress erschien, zahlte ermäßigten Eintritt. So präsentierte Matthias Seling das Programm vor teils kostümiertem Publikum. Mit viel Witz und Charme führte der Komödiant aus Österreich durch die Show. Er kündigte Raubtiernummern, Zaubereien, Attraktionen, eine Tombola und – Rückkopplungen an.
Und er versprach nicht zuviel: Die Pepperellas waren in Bestform in der Besetzung Kitty Gowild, Foxy Lascar, Wanda Widowmaker, Lilly Bellini, Nini Vendetta (in ihrer letzten Show), Ann Lee Strange und Pink Champagne (als Mädchen für alles ohne eigenen Auftritt). Als Gaststar trat Lupe Calavera aus Venezuela auf. Für Hochspannung sorgte überdies Hund Gordon Gently.
Die Pepperellas überzeugten mit jeder einzelnen Nummer. Sie zeigten in Reinform das, was Burlesque ausmacht: unverhohlenen Spaß an selbstverständlicher, aber niemals gewöhnlich-plumper Erotik, die unterhaltsam, selbstironisch, kreativ und nicht zuletzt ästhetisch in Szene gesetzt wurde.
Kurzweil am laufenden Band
![]() Chefin Kitty Gowild spricht zum Publikum. |
Foxy Lascar begeisterte mit Bauchtanz, aber auch als sich mühsam emanzipierendes Zebra. Hier durfte das Publikum ungeniert lachen, dort fiel es wie hypnotisiert in Trance. Gaststar Lupe Calavera brachte mit einem ganz speziellen Totentanz die Luft gekonnt zum Knistern, entfachte sprichwörtlich südamerikanisches Feuer.
Lilly Bellini als schmachtende Nixe entführte den Zuschauer direkt in Poseidons schönsten Muschelgarten, wie es das Goethesche feuchte Weib nicht besser hätte tun können. Und die Entthronung des stärksten Mannes alias Kitty Gowild durch Nini Vendetta war ein Musterstück an Burlesque: witzig, pfiffig und herrlich ironisch.
Der Puls, der unserer Zeit verlorengegangen ist
Die Mischung war wirklich freigeistig. Sie holte den Menschen dort ab, wo er sich selber doch nur allzu gerne aufhält, ganz frei von Hemmungen und Zwängen. Denn der Mensch hat von Natur aus Spaß an der Erotik, an seiner Körperlichkeit und an dem Spiel mit den Reizen. Und je größer hierbei sein Horizont sein darf, desto schillernder sind die Variationen dieser Spiele.
Burlesque zeigt diese in ihrer ganz eigenen Art. Dabei vermeidet sie es gekonnt, in schlüpfrige Gefilde abzugleiten. Das Ausziehen steht nicht zwingend im Mittelpunkt der Darbietung; sowieso fallen nicht alle Hüllen, und es gibt Nummern, in denen die Kleider gar nicht oder nur sehr verhalten abgelegt werden.
![]() Wanda Widowmaker. |
Den Spaß an genau dieser Spannung scheint unsere Zeit verlernt zu haben. Denn tagtäglich bombardiert eine hypermedialisierte Gesellschaft den Menschen aus allen Richtungen mit plump sexualisierten Reizen. Die nahezu allerorten strotzend praktizierte sexuelle Freiheit entpuppt sich so als tötende Fessel, die den Horizont des Einzelnen mit Macht beschränkt. Sie kämpft mit unfairen Mitteln, denn sie zielt direkt aufs Stammhirn. Sich auf komplexe erotische Spannung einzulassen, gerade hierin seine Körperlichkeit frei und ungezwungen anzunehmen und durchaus ironisch zu sublimieren, wird dem Menschen unserer Zeit mehr und mehr unmöglich.
Klasse in der Vielfalt – es lebe die Anarchie!
![]() Nixe Lilly Bellini. |
Einziger Wermutstropfen war die Getränkepolitik des Just In: Neben dem beim Eintritt geforderten Mindestverzehr in Höhe von 5 Euro gab es in der Folge nur noch Getränkekarten zu 10 Euro. Das überzog die ansonsten wunderbar atmosphärische Lokalität mit einer kleinen Patina.
Doch daran durften die Pepperellas keine Schuld gehabt haben. Die haben alles richtig gemacht. Richtig und einfach verflucht gut!
Runter mit dem Champus, die Marmelade aus den Mundwinkeln geleckt und ab geht’s in den Jaguar. Laß die Katze schnurren! Hell, yeah!
Die nächste Show der Pepperellas findet statt am 31. Oktober im Rahmen der "Halloween Rockabilly & Burlesque Show".
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